Bericht über die Gemeindegebietsreform vor 50 Jahren

Im Jahr 1971 war die Gemeindegebietsreform in Bayern in vollem Gange. Auch auf dem Jura-Berg musste man sich über eine Zusammenlegung der Gemeinden Gedanken machen. Vor genau 50 Jahren, am 03. Oktober 1971 unterschrieben die Bürgermeister der damals noch selbständigen Gemeinden Egidius Späth für Pollenfeld, Barthel Meyer für Seuversholz, Karl Bauer für Sornhüll, Jakob Grotter für Wachenzell und Alois Nüßlein für Weigersdorf einen sogenannten Zusammenlegungsvertrag.
Dort wurde die Absicht erklärt, dass sich die Berggemeinden freiwillig zusammenschließen und unter dem gemeinsamen Namen „Pollenfeld“ eine Gemeinde bilden. Die bisherigen Gemeindenamen sollten als Ortsteilnahmen bestehen bleiben. In diesem Vertrag wurden unter der Voraussetzung, dass die Fusion tatsächlich realisiert wird, verschiedene teils sehr detaillierte Vereinbarungen getroffen, insbesondere zu den zukünftigen Pflichten der dann neuen Großgemeinde, bezüglich dem Bau von Straßen, der Ausweisung von Baugebieten oder der Schaffung sonstiger Infrastrukturmaßnahmen. Diese Maßnahmen sollten hauptsächlich von „Sondermitteln“ finanziert werden, die für die freiwilligen Zusammenschlüsse vom Bayerischen Staat gewährt wurden.
 
Bereits in einem Schreiben vom 07.04.1070 wies der damalige Eichstätter Landrat Pappenberger alle Gemeinden auf diese finanziellen Vorteile hin, die aus erhöhten Schlüsselzuweisungen und besonderen Beihilfen für Vorhaben gewährt wurden, die im Zusammenhang mit der Bestandsänderung durchgeführt wurden. Da die Sonderförderbeträge danach gestaffelt waren, wie schnell sich die Gemeinden zu den Zusammenschlüssen entschieden, war es notwendig, baldmöglichst mittels Gemeinderatsbeschlüssen die Zusammenlegungen zu beantragen. Eine dieser Fristen war ein Antrag der Gemeinde beim Landratsamt bis zum 15. April 1971 um die volle Sonderförderung zu erhalten. Daher fassten die Gemeinderäte der Gemeinden Pollenfeld, Seuversholz, Sornhüll, Wachenzell und Weigersdorf zwischen dem 09. April und dem 15. April 1971 diese Beschlüsse. Allerdings konnten die Gemeinden die zweite Voraussetzung, nämlich die rechtswirksame Verfügung der Bestandsveränderung bis zum 01. Juli dieses Jahres nicht erfüllen, sodass eine etwas niedrigere, von der Anzahl der Einwohner abhängige, Förderung zum Tragen kam, die zum Beispiel für die Gemeinde Seuversholz mit damals 331 Einwohnern 102.018 DM betrug.
 
Den Zusammenlegungsvertrag so zu formulieren, um alle Wünsche und Forderungen der beteiligten Gemeinden „unter einen Hut“ zu bringen, erwies sich als nicht ganz einfach. Mitte September des Jahres 71 fand dazu eine Besprechung der beteiligten Bürgermeister zusammen mit Regierungsrat Hofbeck im Landratsamt Eichstätt statt, bei der ein Entwurf des Vertrages erarbeitet wurde. Dieser sollte dann in einer gemeinsamen Gemeinderatssitzung am 20. September, zu der Pollenfelds Bürgermeister Späth alle Gremien und Hofbeck in der Schule Pollenfeld begrüßte, abgesegnet werden. Hier allerdings legte die Gemeinde Wachenzell als einzige der Beteiligten ihr Veto ein und lehnte den Vertrag mit 7:0 stimmen ab. Grund dafür war das Beharren des künftigen Ortsteils Seuversholz auf einen niedrigeren Hebesatz nur für ihren Ortsteil. Die Wachenzeller bestanden darauf einen einheitlichen Hebesatz anzuwenden.
Bekanntmachung Wachenzell
 
Mit einer Bekanntmachung lud der damalige Bürgermeister Jakob Grotter alle Wachenzeller zu einer Bürgerversammlung ein

 

Daraufhin wurde der neue Eichstätter Landrat Konrad Regler aktiv und drängte auf eine Bürgerversammlung in Wachenzell in der die Bürger in geheimer Abstimmung über den freiwilligen Zusammenschluss entscheiden sollten. Bürgermeister Grotter lud zu dieser Bürgerversammlung im Gasthaus Wittmann für den 27. September 71 ein. Nach einem Plädoyer des anwesenden Landrats gaben die 51 anwesenden Wachenzeller Bürger, übrigens nur männlichen Geschlechts, schriftlich und geheim ihre Stimme ab. Von den damals 48 gültigen Stimmen waren 37 Bürger für die Zusammenlegung. Diesem eindeutigen Votum ihrer Bürger schloss sich der Gemeinderat Wachenzell noch am selben Abend einstimmig an. Mit der Gemeinde Seuversholz wurde im Nachgang noch der Kompromiss gefunden, dass die niedrigeren Hebesätze nicht für fünf, sondern nur für drei Jahre beibehalten werden sollten.

So stand der Unterzeichnung des Zusammenlegungsvertrages nichts mehr im Wege und die damals zuständige Regierung von Mittelfranken konnte am 14. Dezember 1971 einen offiziellen Bescheid über die Zusammenlegung der Gemeinden Pollenfeld, Seuversholz, Sornhüll, Wachenzell und Weigersdorf zu der neuen Gemeinde Pollenfeld mit Wirkung vom 1. Januar 1972 erlassen.

Zusammenlegungsvertrag

 
Am 3. Oktober 1971 unterzeichneten die amtierenden Bürgermeister der beteiligten Gemeinden auf der letzten Seite den Zusammenlegungsvertrag

 

 

(Bilder und Text: Siegfried Fries)